„Aktion Steilkurve“: Der Mann, der Kindern mit Handicap Glücksgefühle schenkt

03/12/2025

Das Oval ist sein Zuhause. 168 Sechstagerennen hat Gerd Dörich als Radrennprofi bestritten. Tausende Runden gedreht, durch Nächte gefahren, wenn andere längst schliefen. Sein Karrierehöhepunkt: 2004, auf seiner Hausbahn in Stuttgart. Sein einziger Sieg bei einem Sechstagerennen. Heute fährt der ehemalige Profi nicht mehr um sportliche Erfolge, nicht mehr für sich selbst, sondern für andere. Für Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer Behinderung vielleicht noch nie mit einem Fahrrad gefahren sind.

Seit 2011 engagiert sich der gebürtige Sindelfinger als ehrenamtlicher Tandem-Pilot für die „Aktion Steilkurve“, ein Stiftungsprojekt der bundesweit tätigen Kinderhilfsorganisation Aktion Hilfe für Kinder mit Sitz in Bremen. Er nimmt körperlich, seelisch oder geistig eingeschränkte Kinder und Jugendliche als Co-Pilot:innen mit auf die Radrennbahn, fährt mit ihnen durch die Steilkurven. In Bremen bei den „Sixdays“, im baden-württembergischen Öschelbronn beim Sommerfest der „Aktion Steilkurve“. Dort, wo andere Rekorde jagen, vermitteln Dörich und sein ehrenamtliches Team etwas anderes: Mut. Vertrauen. Die Erfahrung, über sich hinauszuwachsen. Ziel des Projekts ist es, den Kindern Glücksgefühle zu schenken und sie nachhaltig zu stärken.

Ehrenamt als Familientradition

„Es sind alles starke kleine und große Persönlichkeiten, die wir auf unseren Tandems mitnehmen“, sagt Dörich, der für seine Tätigkeit brennt. Ehrenamt ist für ihn etwas Selbstverständliches. Der 57-Jährige kennt es von klein auf. Von seinem Vater. Der gründete in den Sechzigern die Gewichtheberabteilung beim VfL Sindelfingen. Mit bald 85 Jahren ist er noch immer aktiv im Verein. Unzählige junge Menschen hat sein Vater seither an den Sport herangeführt. Als Gerd Dörich selbst mit dem Radsport begann, waren es auch Ehrenamtliche, die ihn förderten. Trainer:innen, Betreuer:innen, Menschen, die ihre Freizeit opferten. Ohne sie wäre vieles nicht möglich gewesen, sagt Dörich. 

Heute ist er es, der zurückgibt. Nicht nur seine Leidenschaft für den Radsport. Auch ein Stück seines Glücks: „Demütig zu sein – dankbar dafür, keine sozialen Benachteiligungen zu erleben oder körperlich gesund zu sein“, sagt Dörich. „All diese Dinge, die wir für selbstverständlich erachten, haben diese Kinder vielleicht nicht.“ Das Ehrenamt habe ihm diese Demut gelehrt.

„Verschworener Haufen“

Was ihn antreibt? „Die lachenden, begeisterten Kinder. Ihre Eltern. Diese Stimmung im Innenraum der Bahn. Das motiviert ungemein“, antwortet Dörich. Hinzu kommt sein ehrenamtliches Team. Ein „verschworener Haufen“, wie Dörich sagt. Gemeinsam etwas zu bewegen, schweiße zusammen.

Sein bisher bewegendster Moment bei der „Aktion Steilkurve“? Dörich erinnert sich an einen Jungen, der sich einfach nicht aufs Tandem traute. Nach etlichen Versuchen kletterte er dann doch aufs Tandem. Sie fuhren langsam los, unten im Oval, wo die Bahn noch flach ist. Runde um Runde. Dann immer höher, bis sie schließlich ganz oben an der Balustrade entlangfuhren, dort, wo die Bahn am steilsten ist. Der Junge jauchzte, winkte seiner Betreuerin zu und war nicht mehr zu bremsen. „Danach hat er mich umarmt und gesagt: ‚Ich mag dich.‘ Das war richtig ergreifend. Wertschätzung hoch zehn.“

Auf Momente wie diese möchte Dörich nicht verzichten. Sie zeigen ihm, wie wichtig sein Engagement ist. „Ehrenamt lohnt sich, weil es den Zusammenhalt der Gesellschaft fördert – der zurzeit wichtiger denn je zu sein scheint.“ 

Stiftungsprojekte wie die „Aktion Steilkurve“ werden durch Spenden finanziert. Jede Spende hilft dabei, Kindern mit Handicap jedes Jahr dieses besondere Erlebnis zu ermöglichen und sie für einen Moment fliegen zu lassen. Helfen Sie mit.

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